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Wie du Selbstmitgefühl übst – 5 Übungen für deinen Alltag, die wirklich gut tun

Aktualisiert: vor 4 Tagen


Wenn du innerlich oft hart mit dir selbst ins Gericht gehst und dich bei Fehlern sofort verurteilst oder unter Druck setzt, bist du nicht allein. Es geht vielen Menschen so.


Diese Strenge dir selbst gegenüber macht das Leben schwerer, als es sein müsste. Doch es gibt einen anderen Weg: Selbstmitgefühl.


In diesem Artikel erfährst du, was Selbstmitgefühl ist und was passiert, wenn es fehlt – und du bekommst 5 praktische Übungen, mit denen du beginnen kannst, mitfühlender mit dir selbst umzugehen.


Frau schaut lächelnd ihr Spiegelbild in der Glasscheibe an, als Sinnbild für Selbstmitgefühl


INHALTSVERZEICHNIS:

Was ist Selbstmitgefühl?

Was passiert, wenn dir Selbstmitgefühl fehlt?




Was ist Selbstmitgefühl überhaupt?


Martina besucht zweimal die Woche ihre 88-jährige Mutter im Pflegeheim. Die ist noch geistig fit, nur der Körper will nicht mehr so. "Ah, du kommst auch mal wieder", begrüßt sie die Mutter jedes Mal. "Wozu hat man eigentlich Kinder aufgezogen, wenn die sich nicht kümmern?" Martina sagt nichts zu den Vorwürfen und zeigt der Mutter stattdessen die Blumen, die sie mitgebracht hat. Innerlich fühlt sich Martina aber schlecht: "Immer das gleiche Spiel - sie pflaumt mich an und ich lächle brav. Seit 56 Jahren! Mit mir kann echt was nicht stimmen!"

Doch was wäre, wenn Martina sich selbst in diesem Moment nicht mit Kritik, sondern mit Mitgefühl begegnen würde?


Was würde sich verändern, wenn sie sich selbst nicht verurteilt, sondern freundlich anerkennt, dass diese Situation schwierig für sie ist – und dass es nicht immer einfach ist, sich "richtig" zu verhalten?


Selbstmitgefühl bedeutet, in solchen herausfordernden Momenten sanft mit sich selbst zu sein, anstatt sich selbst zu verurteilen. Es geht darum, sich selbst mit derselben Fürsorge und Zuneigung zu begegnen, die man einem guten Freund oder einer guten Freundin entgegenbringen würde.


Gerade Menschen, die es nicht gewohnt sind, sich selbst mit Mitgefühl zu begegnen, befürchten oft, sich dann zu wichtig zu nehmen und egoistisch zu sein. Der Weg von Selbstkritik oder sogar Selbstabwertung zu Egoismus ist jedoch ein weiter.




Abgrenzung zu Selbstmitleid, Selbstliebe und Selbstfürsorge



  • Selbstmitleid: Das ist die Haltung, sich selbst als Opfer der Umstände zu sehen und sich in den eigenen negativen Gefühlen zu verlieren. Dabei bleibt man oft in der Vergangenheit stecken und kann keinen klaren Blick mehr auf Lösungen oder den eigenen Weg nach vorne werfen.

    Selbstmitgefühl hingegen bedeutet, sich zu akzeptieren und zu respektieren - ohne sich in Emotionen zu verlieren.


  • Selbstliebe ist die Anerkennung und Wertschätzung der eigenen Person. Das Gefühl: Ich bin gut, so wie ich bin. Sie ist ein Teil von Selbstmitgefühl – aber sie ist nicht dasselbe.

    Selbstmitgefühl geht noch einen Schritt weiter: Indem es dir in den Momenten von Schwäche, Schmerz, Scham oder Scheitern zur Seite steht und dir zeigt, dass es okay ist, nicht perfekt zu sein.


  • Selbstfürsorge schließlich meint das, was du aktiv tust, um gut für dich zu sorgen: eine Pause machen, auf ausreichend Schlaf achten, Nein sagen, spazieren gehen oder ein gutes Gespräch suchen.


    Selbstmitgefühl dagegen ist die innere Haltung, mit der du dir begegnest – gerade auch in den Momenten, in denen Selbstfürsorge vielleicht nicht gelingt.


    Wenn du zum Beispiel merkst: Ich bin völlig erschöpft, aber trotzdem weitermachst, hilft Selbstmitgefühl, diesen Widerspruch anzuerkennen, ohne dich selbst dafür zu verurteilen.




Was passiert, wenn dir Selbstmitgefühl fehlt?


Martina, die du eben schon kennengelernt hast, spürt nach dem Besuch im Pflegeheim oft eine bleierne Müdigkeit. Manchmal kommt ein Druck auf der Brust dazu. Als ob ein Felsbrocken auf ihr liegen würde. Sie ist erschöpft und ihr Nacken ist verspannt. Und während sie sich mit einer Tasse Tee aufs Sofa setzt, laufen die Gedanken wie ein inneres Dauerfeuer: „Ich hätte ihr Grenzen setzen müssen. Warum schaffe ich das nicht? Ich bin doch keine 15 mehr.“

Martina merkt gar nicht, wie sehr ihr Körper auf diese ständige innere Härte reagiert. Denn wenn du in schwierigen Momenten keine milde innere Stimme hast, sondern dich selbst gnadenlos kritisierst, passiert etwas sehr Konkretes in deinem System:


Das autonome Nervensystem reagiert – genauso, wie es in der Steinzeit bei echten Gefahren reagiert hat.


angriffslustiger Tiger als Symbol für Kampf- oder Fluchtreaktion bei fehlendem Selbstmitgefühl

Dein Körper geht in den Kampf-oder-Flucht-Modus: Der Puls beschleunigt sich, die Muskeln spannen sich an, deine Gedanken kreisen – du bist in Alarmbereitschaft, obwohl gar kein Säbelzahntiger vor dir steht, sondern „nur“ ein kritischer innerer Monolog stattfindet.


Dauerhafte Selbstkritik hemmt den beruhigenden Teil deines Nervensystems – den Vagusnerv, der eigentlich dafür sorgt, dass du dich sicher fühlst, zur Ruhe kommst und mit anderen in Verbindung gehen kannst.


Ohne Selbstmitgefühl bleibt der Körper in Anspannung – und das wirkt sich direkt aus: psychisch, körperlich und in deinen Beziehungen.




1) Psychische Folgen von fehlendem Selbstmitgefühl


  • Grübelschleifen und Selbstzweifel

  • ständiger Vergleich mit anderen

  • der innere Antreiber, es immer "richtig" machen zu müssen

  • Überforderung, Erschöpfungszustände und chronischer Stress

  • Höhere Anfälligkeit für Depressionen, Ängste (vor allem Versagensängste), Burnout 



2) Körperliche Auswirkungen, wenn Selbstmitgefühl fehlt


  • chronische Verspannungen (z. B. Nacken, Kiefer, Schultern)

  • Schlafstörungen oder innere Unruhe

  • Herzklopfen, Druck auf der Brust, Atemprobleme

  • erhöhte Stresshormone und geschwächtes Immunsystem

  • diffuse Schmerzen oder psychosomatische Beschwerden (z.B. Tinnitus, Hautprobleme, Reizdarm)



3) Wie fehlendes Selbstmitgefühl deine Beziehungen belastet


  • ständiges schlechtes Gewissen

  • überangepasstes Verhalten und das Bedürfnis, es allen recht zu machen

  • Schwierigkeiten, klare Grenzen zu setzen

  • Rückzug oder Gereiztheit bei Konflikten

  • das Gefühl, nicht verstanden oder gesehen zu werden



Grafik: Auswirkungen von fehlendem Selbstmitgefühl



Selbstmitgefühl üben: Warum Achtsamkeit nicht reicht


Martina aus unserem Beispiel kennt Achtsamkeit. Sie hat schon Kurse gemacht, meditiert manchmal. Wenn es ihr schlecht geht, versucht sie ihre Gefühle zu beobachten. "Ich bin traurig", sagt sie sich. Oder: "Ich bin gestresst." Einen kurzen Moment fühlt sie sich leichter. Aber es verändert sich nichts auf Dauer. Warum?

Weil reine Achtsamkeit oft nicht ausreicht.


Wenn du deine Gefühle nur registriert, aber dabei innerlich auf Distanz bleibst, spürst du oft keine echte Erleichterung.


Der Stress bleibt im Körper. Die innere Härte bleibt weiterhin spürbar.


Kristin Neff - US-amerikanische Psychologin und eine der weltweit führenden Forscherinnen im Bereich Selbstmitgefühl - schreibt:



„Um uns selbst Mitgefühl schenken zu können, müssen wir zuerst erkennen, dass wir leiden. Wir können nichts heilen, was wir nicht fühlen.“

Original: "To give ourselves compassion, we first have to recognize that we are suffering. We can’t heal what we can’t feel."



In ihrem Buch "Selbstmitgefühl: Wie wir uns mit unseren Schwächen versöhnen und uns selbst der beste Freund werden" beschreibt sie eindrücklich, warum es mehr braucht als achtsames Beobachten – nämlich eine innere, mitfühlende Beteiligung.


Für sie ist Selbstmitgefühl eine Haltung, die sich aus drei Elementen zusammensetzt: Achtsamkeit, Selbstfreundlichkeit und dem Gefühl der geteilten Menschlichkeit.


Diese Haltung verändert nicht nur unsere Selbstwahrnehmung, sondern auch die Aktivität im Nervensystem: Der innere Stress-Modus kann sich beruhigen.




a) Die 3 Elemente von Selbstmitgefühl (nach Kristin Neff)


  1. Achtsamkeit: Bewusstes Wahrnehmen und Anerkennen des gegenwärtigen Erlebens - ohne sich darin zu verlieren oder es zu verdrängen.

  2. "Geteilte Menschlichkeit" (Common Humanity): Das Wissen, dass Schmerz, Scheitern oder schwierige Gefühle zum Menschsein dazugehören – und wir damit nicht allein sind (oder falsch), weil es allen so geht.

  3. Selbstfreundlichkeit (Self-Kindness): Sich selbst liebevoll und unterstützend begegnen, gerade in Momenten des Scheiterns oder Leidens



Kristin Neffs Perspektive auf Selbstmitgefühl ist kraftvoll – und sie hat viele Menschen darin bestärkt, sich selbst freundlicher und mitfühlender zu begegnen.


Ihr Ansatz ist eher kognitiv geprägt. Das heißt, sie rät, die Gedanken sich selbst gegenüber zu verändern. Aus meiner Sicht greift Neffs Sichtweise aber etwas zu kurz.




b) Mein ganzheitlicher Ansatz zu mehr Selbstmitgefühl


Wir Menschen handeln zu mehr als 90 % unbewusst und nur zu knapp 10 % bewusst. Wenn du also nur versuchst, deine Gedanken zu verändern, vergeudest du viel Potential.


Mein Ansatz als Kunsttherapeutin und kreative Traumatherapeutin ist die Arbeit mit dem Bewusstsein UND dem Unterbewusstsein - mit Gedanken, Gefühlen, Körperempfindungen und den sogenannten Inneren Anteilen. Beispielsweise das Innere Kind ist ja inzwischen vielen ein Begriff.


In Martinas Fall ist es tatsächlich das kleine verletzte Mädchen in ihr, das oft die Unausgeglichenheit der Mutter zu spüren bekam. Und sich so die innere Stimme der Selbstkritik entwickelte, die dafür sorgte, dass sie "brav" und "folgsam" war, um wenigstens ein bisschen Nähe zur Mutter zu behalten.


In diesen Momenten hilft es Martina nicht, sich pauschal mit freundlichen Worte zu beruhigen. Es ist das verletzte Kind in ihr, das Aufmerksamkeit braucht – und ein gezieltes inneres Mitgefühl. Ich beziehe das Unbewusste mit ein – über Körperwahrnehmung, über innere Bilder und über den direkten Dialog mit den Inneren Anteilen. So kann sich das, was feststeckt, wieder bewegen.


MEIN TIPP: Wenn du mehr über das Konzept der Inneren Anteile wissen möchtest, dann lies doch meinen Blogartikel "Innere Anteile: Warum sie dich lenken - und wie du Frieden mit ihnen schließt". Und wenn du speziell mehr über das verletzte Innere Kind erfahren möchtest, empfehle ich dir diesen Artikel: "Dein Inneres Kind heilen: In 5 Schritten zu mehr Selbstwert und einem erfüllenden Leben"



Frau sitzt ruhig auf einer Bank auf einem Felsen mit weitem Ausblick – Symbol für Selbstmitgefühl, Selbstfürsorge, innere Ruhe und Achtsamkeit

  


5 alltagstaugliche Übungen für mehr Selbstmitgefühl


In diesem Kapitel findest du fünf Übungen, die dich Schritt für Schritt dabei unterstützen können, diesen mitfühlenden Zugang zu dir selbst zu finden. Sie sind einfach durchzuführen und leicht in deinen Alltag einbaubar.


Kristin Neffs Übung Nr. 1 spricht mehr die Gedanken, also das Bewusstsein an. Die Übungen 2-5 nutze ich regelmäßig in meiner therapeutischen Arbeit. Sie beziehen auch das Unterbewusstsein mit ein.



Übung 1: 3-Schritte-Übung nach Kristin Neff


Hier wird der Fokus auf die drei Themen Achtsamkeit, geteilte Menschlichkeit und Selbstfreundlichkeit gelegt.


Führe die Übung im Sitzen, Stehen oder Liegen aus. Wenn du möchtest, lege eine Hand auf dein Herz oder eine andere angenehme Stelle.


1. ACHTSAMKEIT: Erkenne an, was du gerade fühlst und sage dir zum Beispiel:


„Das tut richtig weh.“

„Ich bin gerade überfordert und verletzt.“

„Das ist schwer für mich.“



2. GETEILTE MENSCHLICHKEIT: Erinnere dich: Du bist nicht allein.


„Andere kämpfen auch mit so etwas.“

„Es ist menschlich, so zu fühlen.“

„Ich bin nicht falsch, weil ich leide.“



3. SELBSTFREUNDLICHKEIT: Sprich dir innerlich zu wie einer guten Freundin bzw. einem guten Freund:


„Ich bin für mich da.“

„Ich gebe mir Wärme.“

„Ich darf mit mir sprechen wie mit einem Menschen, den ich liebe.“


Selbstmitgefühl ist auch der beste Schutz gegen nagende Selbstzweifel.


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Übung 2: Mini-Geste der Selbstzuwendung


Diese Übung hilft dir, im Alltag kleine Momente des Selbstmitgefühls zu verankern – auch wenn du gestresst, unter Druck oder unterwegs bist. Sie funktioniert auch an der Supermarktkasse oder im Büro.


1. Wähle eine kleine Geste, die du jederzeit machen kannst.


Zum Beispiel:

  • Eine Hand an den Oberarm, aufs Herz oder auf den oberen Brustbereich unterhalb des Halses legen.

  • Mit der einen Hand die andere Hand berühren.

  • Deine Aufmerksamkeit auf den Bereich deiner Schultern lenken und dir vorstellen, dass sie etwas sinken.


2. Verknüpfe diese Geste mit der inneren Absicht: Ich übe, freundlich mit mir zu sein.


3. Nutze die Geste, wann immer du spürst, dass du dich verurteilst oder innerlich hart wirst.


Oft genug merkt man erst im Nachhinein, wie man sich behandelt hat. Das ist nicht schlimm. Mache diese Geste, wann immer es dir AUFFÄLLT, dass du schlecht mit dir umgegangen bist. Jede bewusste Geste zählt. Sie sendet deinem Nervensystem ein neues Signal: Ich bin da. Ich bleibe bei mir.



Übung 3: Der innere Garten der Geborgenheit


Indem du dir in dieser Imaginations-Übung einen inneren Garten erschaffst, wie du ihn brauchen kannst, kümmerst du dich um dich und begegnest dir mit Mitgefühl.


Anleitung:

Schließe die Augen und begebe dich in deiner Fantasie an einen Ort, bei dem du dir vorstellen kannst, einen Garten anzulegen.


Vielleicht ist es eine Brachfläche in einer Großstadt, das Dach eines Hochhauses oder ein ganz abseits gelegenes Fleckchen Erde am Meer. Was immer dir in den Sinn kommt, passt.


Spüre diesen Ort mit allen Sinnen – wie riecht es dort? Welche Farben, welche Geräusche, welches Licht findest du dort? Ist es warm oder kühl? Frühjahr, Sommer, Herbst oder Winter?


Gestalte deinen Garten so, wie du eine Wohnung einrichten würdest - nach deinen Bedürfnissen. Hättest du gerne einen großen, Schatten spendenden Baum? Bunte Blumen und Schmetterlinge? Früchte, von denen du naschen kannst? Eine Hängematte oder eine Schaukel? Räkelt sich eine Katze in der Sonne oder baut ein Vogel ein Nest? Was siehst du von deinem Garten aus? Oder hättest du gerne eine dicke, beschützende Mauer rings um deinen Garten?


Gestalte deinen Garten und gib ihm all die Dinge, die dir gut tun. Bleibe ein paar Minuten und genieße deinen wunderbaren Platz.


Du kannst jederzeit zu deinem Garten zurück kommen und ihn auch verändern. Denn Bedürfnisse verändern sich auch.



Übung 4: Der mitfühlende Dialog mit mir selbst


Um das wohlwollende Gespräch mit dir selbst greifbarer zu machen, eignet sich eine Übung mit zwei Stühlen. Nimm dir auch hier vor, dass du mit dir selbst wie mit einer Freundin oder einem Freund sprechen möchtest.


1. Stelle zwei Stühle gegenüber auf.


2. Setze dich auf den ersten Stuhl – das ist dein „Ich-Stuhl“


Beschreibe laut oder innerlich, wie es dir gerade geht. Was hast du erlebt? Was macht dir zu schaffen? Bei was hast du das Gefühl, falsch gehandelt zu haben?


3. Dann stehst du auf, wechselst zum zweiten Stuhl – dem „Freundin-Stuhl“


Jetzt nimmst du die Perspektive einer liebevollen Freundin ein.


Sprich aus dieser Haltung zu deinem „Ich“ auf dem anderen Stuhl: Was würdest du einer Freundin sagen, wenn sie dir das erzählt hätte? Was würdest du ihr wünschen, wie würdest du sie trösten?


4. Dann kannst du wieder zurück auf den Ich-Stuhl wechseln und die Worte "hören"


Das bedeutet: Höre innerlich noch einmal das, was du eben als Freundin gesagt hast und stelle dir vor, dass das jemand zu dir sagt, dem du wichtig bist.


Vielleicht möchtest du mit der Zeit auch ein paarmal die Stühle wechseln und ein längeres Gespräch entstehen lassen.



Übung 5: Ein Brief an dich als Kind


Wie oben erwähnt, ist es im allgemeinen das Innere verletzte Kind, das Mitgefühl braucht. Diese Übung bringt dich in Kontakt mit dir als Kind – über geschriebene Worte, die du an dich selbst richtest.


1. Such dir einen ruhigen Moment, ein Kindheitsfoto von dir und Papier und Stift


2. Begegne dir bzw. deinem Inneren Kind wie eine Freundin / ein Freund


Lege das Foto von dir vor dich hin. (Falls du kein Foto gefunden hast, erinnere dich an eine Zeit in deiner Kindheit. Vielleicht fällt dir auch eine bestimmte Begebenheit aus deiner Kindheit ein.)


Lege eine Hand auf deine Herzgegend, schaue dir das Foto an und mache dir dein Ziel bewusst: Ich möchte lernen, mir mit Mitgefühl zu begegnen.


3. Nimm dir Zeit und schreibe einen kurzen Brief – z. B. so:


Liebe/r kleine/r [dein Name],

ich weiß, dass das Leben nicht immer einfach ist. Es ist sogar manchmal verdammt schwer für dich. Aber du bemühst dich. Es tut mir leid, dass du dich trotzdem manchmal falsch oder alleine fühlst. Ich sehe das. Und ich möchte lernen, freundlicher mit dir zu sein.


4. Wichtig: Nicht analysieren, nicht bewerten. Einfach schreiben.


Wenn du versuchst, den Brief "richtig" zu schreiben, bist du wieder in der Bewertung und ggf. Abwertung. Aber es geht nicht um richtig oder falsch. Es geht um Verbindung, nicht um das Ergebnis.


5. Schicke den Brief an dich selbst


Einen Brief zu bekommen, hat (immer noch) etwas Besonderes. Auch, wenn der Brief von einem selbst ist. Also, stecke deinen geschriebenen Brief in einen Umschlag und klebe eine Briefmarke darauf. Lasse in noch ein bis zwei Wochen liegen (richte dir eine Erinnerung ein) und bringe ihn dann zur Post.




Selbstmitgefühl als Haltung - nicht als Technik


Selbstmitgefühl zu üben ist kein geradliniger Weg. Es gibt Tage, an denen dir eine längere Übung leichtfällt – und andere, an denen schon eine kleine Geste schwer ist. Das ist ganz normal.


Gerade am Anfang kann es hilfreich sein, sich eine gewisse Struktur zu geben. Zum Beispiel: abends vor dem Einschlafen den "inneren Garten der Geborgenheit" besuchen, zwischendurch in einer Pause die "Mini-Geste der Selbstzuwendung" nutzen – und ein- bis zweimal im Monat einen "mitfühlenden Dialog mit dir selbst" führen.


Letztendlich ist es aber nicht entscheidend, ob du dich akribisch an den Plan hältst oder wie „gut“ dir eine Übung gelingt. Wichtig ist nur, dass du immer wieder den Versuch machst, dir selbst freundlich zu begegnen. So entsteht Schritt für Schritt eine Art "innere Gemeinschaft" - DU mit DIR.


Und noch eine EMPFEHLUNG, wenn du tiefer eintauchen willst: In unserem Seminar „Ich richte mich auf in meine eigene Größe“  SELBSTWERT UND SELBSTACHTUNG LEBEN lernst du, dir selbst mit Selbstmitgefühl zu begegnen und dich selbst wertzuschätzen.

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Fragen, die viele zum Thema Selbstmitgefühl haben


  1. Was ist Selbstmitgefühl eigentlich?

    Selbstmitgefühl bedeutet, dich wie eine gute Freundin oder ein guter Freund zu behandeln: unterstützend, liebevoll und ohne Verurteilung. Besonders in schwierigen Momenten.

  2. Wie unterscheidet sich Selbstmitgefühl von Selbstmitleid?

    Selbstmitleid zieht dich eher in eine Opferrolle und lässt dich in negativen Gefühlen steckenbleiben. Selbstmitgefühl dagegen erkennt dein Leiden an, ohne, dass du dich darin verlierst.


  3. Ist Selbstmitgefühl nicht egoistisch?

    Nein, im Gegenteil. Menschen mit Selbstmitgefühl können oft besser mit anderen mitfühlen, weil sie innerlich stabiler sind. Wer gut für sich selbst sorgt, hat mehr Ressourcen, um auch für andere da zu sein.


  4. Was passiert, wenn mir Selbstmitgefühl fehlt?

    Ein Mangel an Selbstmitgefühl kann zu psychischer Belastung (z. B. Grübeln, Depressionen), körperlichen Beschwerden (z. B. Verspannungen, Schlafstörungen) und belasteten Beziehungen führen. Viele Menschen setzen sich dann stark unter Druck oder fühlen sich schnell überfordert.


  5. Brauche ich Selbstmitgefühl überhaupt? Reicht Achtsamkeit nicht aus?

    Achtsamkeit ist ein wichtiger Teil von Selbstmitgefühl, aber allein oft nicht genug. Erst durch eine mitfühlende innere Haltung verändert sich wirklich etwas – körperlich wie emotional. Es geht nicht nur darum, Gefühle zu beobachten, sondern ihnen liebevoll zu begegnen.


  6. Wie kann ich Selbstmitgefühl konkret üben?

    Der Artikel stellt fünf alltagstaugliche Übungen vor – u. a. aus der körperorientierten und kunsttherapeutischen Arbeit. Sie helfen dir, die innere Strenge zu erkennen, zu unterbrechen und einen neuen Umgang mit dir selbst zu entwickeln.


  7. Ich erkenne meine Selbstkritik – aber wie verändere ich sie?

    Neben dem bewussten Umdenken hilft es, mit unbewussten Anteilen zu arbeiten – z. B. mit dem Inneren Kind. Viele kritische inneren Stimmen stammen aus früheren negativen bis traumatischen Erfahrungen. In der kunst- und traumatherapeutischen Arbeit können sie verändert und durch liebevolle Stimmen ersetzt




Foto 1 von Sergiu Vălenaș auf Unsplash

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Vera Arnold, Kunsttherapeutin und Traumatherapeutin, Seminarhaus "Das graue Haus am Meer"

Vera Arnold

Vor fast 20 Jahren begegnete mir ein Satz auf einem Plakat in einer vollen Berliner U-Bahn: "Ein Tag ohne Lächeln ist ein verlorener Tag" (Charlie Chaplin).


Der begleitet mich seither und ist ein Grund, warum ich Traumatherapeutin geworden bin.


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